Montag, 15. Oktober 2007
Leisten

Wenn man sich etwas leisten möchte, kann man sich Maßschuhe anfertigen lassen. Die werden in der Schusterwerkstatt nach Leisten angefertigt. Wer sich die finanziell nicht leisten kann, kann sich ja etwas anderes leisten.

Was werden wir uns in Zukunft noch leisten können? Angesichts steigender Kosten und wahrscheinlich niedrigerer Löhne und Einkommen eine bange Frage, die sich viele Menschen nicht nur in Deutschland stellen. Und auch eine Frage mit doppeldeutigem Charakter. Zum einen zielt sie vordergründig auf das, was wir gemeinhin Konsum nennen: Werden wir uns noch Urlaub, ein neues Auto, schicke Kleidung leisten können?

Leistungsanspruch für Verbesserung

Man kann die Frage aber auch so verstehen: Werden wir uns noch weiterhin ein Verhalten leisten können, das die riesigen Probleme der Zukunft mehr oder weniger ignoriert? Zum Beispiel die Energie -und Trinkwasserverknappung? Die Rodung von Regenwäldern oder Verslumung von Großstädten ? Weit weg das alles. Für uns in Europa. Doch können wir es uns in Zukunft noch leisten, so zu tun, als wären dies nicht auch unsere Probleme?

'Leisten'. Ein doppelbödiges, ja vielschichtiges Stichwort. Da haben wir das Verbum 'leisten' beziehungsweise 'etwas leisten'. Beispiel: "Die Menschen in diesem Betrieb leisten gute Arbeit." Das entsprechende aus 'leisten' gebildete Abstraktum ist 'Leistung'. Eine 'Leistung' kann von völlig unterschiedlicher Art und Qualität sein. Es gibt geistige und körperliche Leistung, das entspricht sehr oft dem, was als 'von Menschen geleistete Arbeit' bezeichnet wird.

Maschinenleistung und Belohnung
Daneben gibt es die Leistung von Maschinen, von Kraftwerken, von optischen Geräten und so weiter. Dass alle Leistungen, gerade wenn es um ihre Bewertung und nicht um ihre Messung geht, sich nicht "über einen Leisten schlagen lassen", versteht sich eigentlich von selbst. Zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen, unter denen sie entstehen.

"Sich etwas leisten", das reflexive Verbum, bedeutet in erster Linie eine Art von Belohnung oder Anerkennung, sich etwas zugute kommen lassen. Normalerweise geht das nur – insofern es sich um Materielles handelt – wenn durch erbrachte Leistung diese Belohnung überhaupt erst möglich wird. Im Klartext: Sie haben gearbeitet wie ein Brunnenputzer und gut Geld verdient. Dafür leisten Sie sich jetzt einen Superurlaub.

Eigene Belohnung mit fremder Leistung
Es gibt natürlich auch die umgekehrte Situation: Sie haben augenblicklich nicht das Geld, wollen aber trotzdem den tollen Urlaub machen. Gut. Was tun. Zur Bank? Einen Kredit aufnehmen? Kein Problem. Nur: Sie müssten – und das ist schmerzhaft – jeden Monat im Rahmen ihrer Möglichkeiten eine "finanzielle Leistung erbringen", und den Kredit zurückzahlen.

Da heißt es dann schon noch einmal nachdenken, "ob man sich das leisten kann". Wer sich etwas leistet oder geleistet hat, tut sich und anderen aber nicht unbedingt etwas Gutes. "Sich etwas leisten" hat auch eine negative Bedeutung. Sich etwas herausnehmen, anmaßend, unverschämt sein, auch das heißt "sich etwas leisten".

Die Leistung des Schusters
Und jetzt besuchen wir eine Schuhmacherei. Eine, die Maßschuhe herstellt. Der Schuster fertigt Schuhe nach Modellformen aus Holz. Diese heißen Leisten. Solche Schuhe haben dann die durch die Leisten vorgegebene Form und Größe. Konfektionsschuhe sind so gesehen "über einen Leisten geschlagen". Diese Redensart ist schnell erklärt. Sie bedeutet: Etwas gleichmäßig nach demselben Schema, derselben Vorgehensweise behandeln.

Da wir gerade bei übertragenen Bedeutungen sind: "Schuster bleib bei deinen Leisten" will sagen, man soll tunlichst nichts anfangen, wovon man nichts versteht. Aber zurück zu den Maßschuhen. Um diese zu fertigen, braucht der Schuster dem Fuß individuell angepasste Leisten. Früher hatten die Leute, die es sich leisten konnten, ihre eigenen Leisten beim Schuhmacher.

Maßstab für sorgenfreie Zukunft
Maßschuhe sind etwas Wunderbares. Wären sie das Einzige, was wir uns in und für die Zukunft nicht leisten könnten, bräuchten wir uns keine Sorgen um die Welt und um uns alle zu machen.

Fragen zum Text
Wenn jemand viel gearbeitet hat, kann er/sie sich einen Urlaub…
A. leihen.
B. leisten.
C. leimen.

Was sind Leisten?
A. Schuhe, die viel zu teuer sind.
B. Geld, mit dem man Schuhe kaufen kann.
C. Modellformen aus Holz, um Schuhe anzufertigen.

Was bedeutet die Redewendung Schuster bleib bei deinen Leisten?
A. Man soll darauf achten, dass man sich von anderen abgrenzt.
B. Man soll nichts anfangen, wovon man nichts versteht.
C. Man soll warten, bis man sich etwas leisten kann.

Arbeitsauftrag
Stellen Sie sich vor, Sie möchten ein Hotel eröffnen, in dem sich gestresste Menschen nach anstrengender Arbeit erholen und 'sich etwas leisten' können. Was würden Sie Ihren Gästen bieten wollen? Gehen Sie dabei auf folgende Aspekte ein:

Wo soll das Hotel sein?
Können die Gäste auch selbst aktiv sein, z.B. Zeichenkurse besuchen?
Bieten Sie auch ein kulturelles Angebot an, oder nur "Wellness"?
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Montag, 1. Oktober 2007
Verbraucher

Die Welt ist schlecht, böse und gemein und ändern kann das vor allem einer - der Verbraucher. Schade nur, dass dieser seine Macht kaum zu nutzen weiß. Dabei gibt es Vereine, die speziell für den Verbraucher da sind.

Er, der Verbraucher, ist ein merkwürdiges Wesen. Er ist gleichermaßen die Masse derjenigen, die etwas verbrauchen, wie auch der einzelne Verbraucher, das Individuum, das zwar ebenfalls verbraucht, aber auf eine ganz persönliche Weise. Natürlich gibt es rein sprachlich auch die Verbraucherin und die Verbraucherinnen, aber die sind im Oberbegriff 'Verbraucher' sozusagen mitenthalten. Deshalb lautet die Frage nicht wer sondern was ist ein Verbraucher.

Ein unpersönlicher Begriff
Im wörtlichen Sinn ist der Verbraucher jemand, der wirtschaftliche Güter erwirbt. Dabei interessiert uns derzeit vor allem der Verbraucher, der insbesondere Waren und Dienstleistungen zur eigenen Bedürfnisbefriedigung in Anspruch nimmt. Dieser Verbraucher, also wir alle, heißt in der Fachsprache der Wirtschaftswissenschaften "Letztverbraucher" oder "Endverbraucher". Konsument klingt vielleicht ein bisschen gehobener, bedeutet aber dasselbe wie Verbraucher.

Der Verbraucher ist in der Konsumgesellschaft ein Wirtschaftsfaktor von ungeheurer Bedeutung. Nehmen wir beispielsweise die Lebensmittel- und Agrarindustrie. Was da produziert wird, muss auch verbraucht werden. Und das ist eine ganze Menge. Lebensmittel verbrauchen heißt, sie in bestimmter Form zu sich nehmen. Also essen und trinken. Die Vorsilbe "ver" hat übrigens immer die Grundbedeutung, dass etwas in einen anderen Zustand überführt wird oder sich etwas ändert. Beispiel: Benzinverbrauch. Der Kraftstoff wird durch Verbrennung in Energie umgewandelt, der Motor verbraucht Benzin.

Energieverbraucher

Da wir gerade bei etwas Technischem sind: ein Verbraucher ist beispielsweise in der Elektrotechnik eine Baueinheit, die Strom, also Energie aufnimmt und in eine andere Energieform, Wärme oder Licht, umwandelt. Es ist fast so, wie bei uns. Was die Lebensmittel betrifft, verbrauchen wir sie, um neue Energie zu bekommen. Aber ob Fleisch immer noch, wie es einmal hieß, ein Stück Lebenskraft ist, na ja!

Wie wichtig wir, die Verbraucherinnen und Verbraucher sind, zeigt nicht nur die Tatsache, dass wir von morgens bis abends immer und überall von der Verbrauchsgüterindustrie umworben werden, sondern auch, dass unsere höchsten Interessen ministeriell wahrgenommen werden.

Aufklärung und Sicherheit des Verbrauchers
Verbraucherpolitik ist offensichtlich wichtiger denn je, denn Verbraucherverbände wie zum Beispiel die Verbraucherzentralen mit den Verbraucherberatungsstellen haben nicht genügend Einfluss und Macht, um die Verbraucherinteressen, sprich den Verbraucherschutz umfassend zu gewährleisten. In Deutschland gibt es schon seit Jahrzehnten Verbraucherselbstorganisationen. Umfassender Verbraucherschutz ist das oberste Ziel dieser Einrichtungen.

Das heißt unter anderem Nahrungsmittelüberwachung. Dann Überprüfung der technischen Sicherheit: Gibt es zum Beispiel im neuen Super- oder Verbrauchermarkt genügend Notausgänge und Feuerlöscher? Wie sieht es mit der Produkthaftung der Hersteller aus – kann sich der Verbraucher im Ernst- beziehungsweise im Garantiefall auf die Angaben des Produzenten verlassen? Verbraucherschutz ist auch Verbraucherinformation in Form von Warentests und natürlich Kennzeichnungsvorschriften, sowie den Verbraucherpreisangaben.

Verbraucher bleibt Bürger
Verbraucherschutzverbände, Verbraucherzeitschriften, Verbraucherschutzvereine, es dürfte eigentlich nichts schief gehen. Eigentlich. Vielleicht sollten sich die Verbraucher darauf besinnen, dass sie auch Bürger sind. Aber dieser Begriff scheint sich in diesen aufgeregten Zeiten verbraucht zu haben.

Fragen zum Text
Wie kann man einen Verbraucher auch bezeichnen?
a. Konsument
b. Umwandler
c. Benutzer

Was bedeutet die Vorsilbe "ver"?
a. etwas präsentieren
b. etwas ins seinem Zustand belassen
c. etwas in einen anderen Zustand überführen

Was ist das oberste Ziel von Verbraucherselbstorganisationen?
a. schöne Überraschungen
b. umfassender Verbraucherschutz
c. bessere Öffnungszeiten

Arbeitsauftrag
Eine Aufgabe von Verbraucherorganisationen ist, zu prüfen, ob Supermärkte genügend Notausgänge und Feuerlöscher haben. Finden Sie diese Überprüfung überflüssig? Oder waren Sie schon einmal in einer Situation, in der Sie froh waren, dass es genügend Notausgänge und Feuerlöscher gab? Diskutieren Sie in Kleingruppen über Ihre Meinung.
>>Michael Utz<<
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Mittwoch, 5. September 2007
Clown- und Humortherapie

"Lachen ist gesund" besagt eine alte Volksweisheit. Auch in der Medizin hat diese Weisheit inzwischen Einzug gehalten. Lachen kann Krankheiten vorbeugen oder kranke Menschen bei ihrer Genesung unterstützen.

Sprecherin:
Altbekannte Profis, die die Menschen zum Lachen bringen, sind die Clowns. Jeder von uns hat sie schon in irgendeiner Form gesehen - bei Kindergeburtstagen, auf Straßenfesten oder im Zirkus. Doch Clown ist nicht gleich Clown, weiß Dr. Petra Klapps:

Dr. Petra Klapps:
"Zum einen gibt‘s natürlich... hat jeder Clown seinen eigenen Charakter, aber es gibt auch diese ganz klassischen. Also, es gibt zum einen den 'Weißclown', der eher der Vernünftige ist, der Vertreter der Rationalität. Dann gibt es den Dummen August, den man überwiegend im Zirkus vorfindet, der tollpatschig ist, dem alles misslingt und der in der Regel mit dem Weißclown zusammenarbeitet, von dem dann ständig auch immer wieder zurechtgewiesen wird. Dann gibt es den 'Großen Clown', das heißt, der, der mit wenig Gestik, Mimik alles aussagen kann, groß in seiner Aussagekraft."

Sprecher:

Es heißt nicht, dass jeder, der den Namen "August" trägt, automatisch dumm ist. Der Dumme August ist die Bezeichnung für eine bestimmte Clownfigur, die bereits 1873 von dem Clown Tom Belling ins Leben gerufen wurde. Ursprünglich war der Dumme August die Parodie auf die Figur des Stallmeisters. Heute erkennt man ihn an seinem buntgeschminkten Gesicht und der roten Plastiknase. Tollpatschig bedeutet, dass man besonders ungeschickt ist und ständig über etwas stolpert oder hinfällt. Was bei dem Dummen August auch kein Wunder ist, weil der immer Schuhe trägt, die ihm mindestens zehn Nummern zu groß sind.

Sprecherin:
Clowns treten nicht nur im Zirkus oder auf Festen auf. Sie blicken auch in anderen Bereichen auf eine jahrtausendalte Tradition zurück. Und...

Dr. Petra Klapps:

"...kommen ursprünglich eigentlich aus dem erlauchten Kreise der Medizinmänner, der Schamanen, galten dort als Heiler. Bei vielen indianischen Schamanen oder Indianerstämmen gilt der Clown als Heiler, weil er in der Lage ist, Traurigkeit zu vertreiben und das Volk bei guter Laune zu halten."

Sprecher:

Medizinmänner und Schamanen wissen Rat und helfen bei Krankheiten. Sie kennen sich bestens aus mit Kräutern, geheimnisvollen Mixturen, Zauberformeln und Geistern und gehören dadurch einem erlauchten Kreis an. Das heißt, es sind ganz besonders hochstehende Persönlichkeiten eines Volkes oder Stammes, die über ein großes und vielfältiges Wissen verfügen. Es gibt nur wenige davon, weshalb sie wie Götter verehrt und angebetet werden. In unserer Gesellschaft sind Medizinmänner Ärzte, die aufgrund ihrer weißen Arbeitskleidung auch Götter in Weiß genannt werden.

Sprecherin:

Die Wirkung der Clowns hat Dr. Petra Klapps zu nutzen gewusst. 1998 gründete sie das "Institut Kolibri" - ein Institut für medizinische Clownerie und kreatives Selbstmanagement. "Kolibri" bietet zwei Konzepte an: Einerseits richtet es sich an Patienten im Erwachsenenalter, die in Kliniken nach Schlaganfällen oder Schädel-, Hirnverletzungen therapeutisch betreut werden, andererseits arbeitet "Kolibri" mit Firmen und Unternehmen zusammen,…

Dr. Petra Klapps:

"...die eben mehrfach schon auch Unternehmensberatungen in Anspruch genommen haben und gemerkt haben, dass ihnen das nicht so sehr viel gebracht hat, und die möchten jetzt den humorvolleren Weg gehen und wirklich Clown-Coachings auch buchen."

Sprecher:

Coaching kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie "jemandem Unterricht erteilen" oder "jemanden trainieren". Bei den Clown-Coachings lernen die Teilnehmer in Wochenendseminaren, wie Lachen und Humor dazu beitragen können, ein besseres Klima in den Unternehmen und unter den Kollegen zu schaffen. Das kann wiederum auch helfen, den wirtschaftlichen Erfolg zu steigern. Eine Seminarteilnehmerin berichtet:

O-Ton:

"Was ich mitnehme - auf jeden Fall - in den Alltag ist, dass der Clown immer ein gutes Ende findet für seine Geschichte, selbst wenn er vor Problemen steht. Dass man nicht in seinen traurigen Stimmungen vielleicht so lange verhaftet, sondern nach einem Ausweg sucht. Und da, denke ich, kann der Clown helfen."

Sprecherin:

Helfen können auch so genannte Lachschulen. Diese schicken Lachlehrer zum Beispiel zu einem Unternehmen; und was dann den Mitarbeitern widerfährt, weiß Petra Klapps:

Dr. Petra Klapps:
"In Firmen werden Teams zusammengestellt - entweder morgens vor der Arbeit oder halt auch währenddessen zum Feierabend noch mal -, dass eine Viertelstunde zusammen gelacht wird. Das heißt, einer lacht vor wirklich, und die anderen lachen nach. Und es soll dazu führen, dass Stresshormone zum Beispiel im Blut herabgesetzt werden, das heißt der Körper oder das Immunsystem gestärkt wird und der Körper weniger krankheitsanfällig ist."

Sprecherin:
Natürlich muss man nicht unbedingt Lachschulen aufsuchen, um mal wieder herzhaft lachen zu können. Der Alltag bietet den meisten von uns sicherlich auch hin und wieder gute Gründe, die Mundwinkel wenigstens ein kleines bisschen nach oben zu bewegen.

Dr. Petra Klapps:

"Es kann auch ein Lächeln ganz gesund sein, so dieses In-sich-hinein-Lächeln. Die Gelassenheit des Lächelns finde ich teilweise wesentlich bedeutsamer als ein pures Lachen, jetzt."

Sprecher:
Wenn in den Firmen am Feierabend gelacht wird, ist das die Zeit nach der Arbeit. Dann begibt man sich im Allgemeinen nach Hause, um den Abend, seinen Feierabend, ruhig zu genießen. Das gelingt natürlich am besten, wenn der Stress und der ganze Ärger weg sind, denn durch Ärger steigt im Blut die Menge der Stresshormone an - wie zum Beispiel Cortisol. Wenn über lange Zeit zu viele dieser Hormone im Blut sind, kann das zu schweren Krankheiten führen, das heißt, der Körper wird krankheitsanfällig. Typische Krankheiten sind Herzinfarkte und Magengeschwüre.

Sprecherin:

Wenn Petra Klapps als Clowntherapeutin im Krankenhaus arbeitet, ist sie ein sehr schüchterner Clown. Sie verkleidet sich, klemmt sich einen roten Plastikball auf die Nase und kommt vorsichtig ins Zimmer geschlichen. Vielleicht setzt sie sich erst einmal in die Ecke und schaut nur herum. Allein dieser Auftritt löst bei manchen Patienten schon ein Lachen oder ein Lächeln aus. Manchmal bekommt sie auch Hilfe.

Dr. Petra Klapps:
"Meinetwegen: Wie steige ich vernünftig in einen Rollstuhl? Und der Clown halt zunächst mit den Knien zuerst auf die Sitzfläche geht, dann, ja, das Gesicht über der Rückenlehne hat und natürlich, wenn er losfährt, gegen die nächste Wand donnert. Ist mir schon passiert, dass ein Patient, der wirklich nicht in der Lage war, bisher zumindest haben wir es alle gedacht, dem Clown dann vormachte, wie das richtig geht, so Rollstuhl fahren. Und wir waren wirklich alle platt."

Sprecher:

Platt bedeutet normalerweise, dass etwas sehr flach ist. Ein Reifen ist zum Beispiel platt, wenn keine Luft mehr drin ist. Oder ein Gebiet wie Norddeutschland ist platt, weil es dort keine Berge gibt. Hier hat platt die umgangssprachliche Bedeutung von sprachlos und erstaunt sein. Wenn Petra Klapps als Clown mit dem Rollstuhl gegen die nächste Wand donnert, dann meint sie damit, dass sie mit enormer Wucht gegen die Wand fährt, was sicher ganz schön wehtun kann.

Sprecherin:
Inzwischen wird die Arbeit von Petra Klapps als Clowntherapeutin akzeptiert. Aber das war nicht immer so. Manche Mediziner in ihren weißen Kitteln haben die promovierte Ärztin argwöhnisch beäugt. Zusätzlich musste sie noch einige Prüfungen über sich ergehen lassen.

Dr. Petra Klapps:

"Oft ist zunächst erst mal ein wenig Skepsis da, bei den Ärzten speziell, oft auch ‘ne Neugierde: Was ist das denn für 'ne komische Kollegin?! Oftmals muss ich auch beim Erstgespräch erst mal noch mal 'ne Facharztprüfung ablegen, damit auch gesehen wird, dass ich wirklich fachlich Ahnung hab', und dann darf ich als Clown losgehen."

Sprecher:

Skepsis kommt aus dem Griechischen und bedeutet "Zweifel" oder "Bedenken". Ein Skeptiker ist ein misstrauischer Mensch, der alles in Frage stellt. Deswegen haben die Ärzte Petra Klapps erst eingehend geprüft, bevor sie als Clown arbeiten durfte. Die Herren in den weißen Kitteln zweifelten daran, dass sie Ahnung von Medizin hat. Dabei hat sie die echte Facharztprüfung, die am Ende eines Medizinstudiums steht, schon längst mit Erfolg hinter sich gebracht.

Sprecherin:
Clowntherapie kommt ursprünglich aus den USA. Was dort bereits seit 25 Jahren praktiziert wird, hat hier erst seit ein paar Jahren Einzug gehalten. In Deutschland arbeiten Clowns vorwiegend in Kinderkliniken. Auf der Kinderkrebsstation der Bonner Uniklinik sind zwei Clowns im Einsatz. Renate Loft vom Verein "Herzenswünsche" hatte die Idee, die Clowns zu engagieren.

Renate Loft:

"Ja, die Clowns haben wir uns erdacht, um eben auf der Station für gute Stimmung zu sorgen. Und indem man Kinder zum Lachen bringt, ist es eigentlich schon gegeben. Und das ganze Krankenpflegepersonal wird ja mit einbezogen. Die Eltern werden mit einbezogen, die Geschwisterkinder sogar. Und man kann damit vieles überbrücken. Man kann ihnen die Angst vor den Medikamenten nehmen."

Sprecherin:

Bevor die Clowns zu den Kindern gehen, wird mit den Psychologen besprochen, welche Kinder auf der Station liegen und wie es ihnen geht. Dann wird eingeschätzt, ob sie sich über einen Clownbesuch freuen würden oder nicht. Manchmal sind unter den Patienten auch junge Erwachsene, die dieser Therapie gegenüber nicht so aufgeschlossen sind. Im Gegenzug berichten die Clowns den Psychologen auch über ihre Arbeit mit den kleinen Patienten. In Bonn ist die ungewöhnliche Therapieform sehr erfolgreich, wie uns die Psychologin Barbara Roth-Scheffler berichtet.

Barbara Roth-Scheffler:

"Also, prinzipiell sehr positives Feedback. Es finden alle gut, weil wir auch merken, den Kindern tut das gut. Die tauchen in ‘ne andere Welt ab in der Zeit, wo die Clowns da sind."

Sprecher:
Der Begriff Feedback stammt aus dem Englischen und heißt so viel wie "Information" oder "Rückmeldung". Die Psychologin spricht von einem positiven Feedback. Das heißt, dass alle die Arbeit der Clowns für gut befinden. Vor allem deshalb, weil die Kinder mit Hilfe der Clowns in eine andere Welt abtauchen können - wie beim Tauchen im Meer, wenn man um sich herum die Unterwasserwelt wahrnimmt, die völlig anders ist, als die Welt über dem Meeresspiegel.

Sprecherin:

Jojo und Julie: So nennen sich die beiden Clowns, die auf der Bonner Kinderkrebsstation arbeiten. Jeden Dienstagnachmittag gehen sie zusammen in die Zimmer der Kinder und lassen sie für eine Weile ihre schwere Krankheit vergessen. Clown Julie erzählt:

Julie:
"Wir sind zwei Figuren, die auch miteinander befreundet sind. Und der Jojo, der ist... eigentlich ist es nämlich der ältere Clown, und wir gehen zusammen in die Clownschule. Aber der ist ein bisschen dumm. Und der ist nämlich auch schon mal sitzen geblieben, aber das soll ich nicht erzählen. Und ich bin ein bisschen kleiner, gehe mit ihm in die Clownschule, bin dafür aber nicht ganz so dumm, dafür frech, aber benutz‘ immer den Jojo für alles. Weil: Er ist nämlich immer ganz lieb und macht alles, was ich ihm sage."

Sprecherin:

Mit der Hilfe der Clowns können sich die Kinder mit ihrer Krankheit ganz anders auseinander setzen. Manchmal schlüpfen sie dann in die Rolle der Ärzte und erklären zum Beispiel dem dummen Clown Jojo, wofür die ganzen Geräte um sie herum da sind und wie das mit den Pieksern ist.

Jojo:

"Wie man Piekser kriegt und wofür die ganzen Sachen da sind. Oder machen dann bei uns, oder meistens halt bei mir, irgendwelche Piekser. Also so Pflasterspiele, mit so 'nem Verband, mit so 'nem Tropf und da hängen sie mich dann dran und verbinden mich dann ganz stark."

Sprecherin:

Manchmal wird auch einfach zusammen gegurgelt.

Sprecher:

Der arme Clown Jojo - wenn ihn die kleinen Patienten pieksen. Das bedeutet nämlich, dass sie ihm zeigen, wie es ist, wenn man mit einer Nadel oder Spritze gestochen, also gepiekt wird. Was für niemanden besonders angenehm ist. Sehr unangenehm ist es auch, am sogenannten Tropf zu hängen. Ein Tropf ist ein Flüssigkeitsbehälter, der an einem Metallgestänge befestigt ist und meistens Medikamente enthält. Von dem Behälter geht ein Plastikschlauch ab, an dessen Ende eine Nadel ist, die permanent im Arm steckt. Tropfenweise, und daher rührt auch der Name Tropf, gelangt die Flüssigkeit durch den Schlauch in den Körper des Patienten, so dass er fortlaufend mit Medikamenten versorgt wird.

Sprecherin:

Die Clowns nehmen ihre Arbeit sehr ernst. Denn trotz der Späße, die sie mit den Kindern anstellen, sind sie sich ihrer Verantwortung bewusst. Sie selbst sehen sich als Mosaikstein in der psychosozialen Versorgung. Und natürlich ist es nicht immer einfach für die Clowns, bei dem Kampf, der um Leben und Tod geht, dabei zu sein.

Jojo:
"Manchmal, wenn man Clown ist, spürt man das nicht so. Dann tut man das weg, auch die Krankheit und auch die Gefahr der Kinder. Und manchmal kommt‘s dann wieder ganz plötzlich zu Bewusstsein. Oder wenn man dann auch hört, dass ein Kind entlassen worden ist, dann freut man sich, wenn es dann gesund ist, oder auch, wenn jemand gestorben ist, dann hört man das ja auch."

Sprecherin:
Obwohl die Clown- und Humortherapie sehr erfolgreich ist, wird die Arbeit der Clowns in Deutschland von staatlicher Seite nicht unterstützt. Die Finanzierung läuft ausschließlich über Spenden und Sponsoren, wie Dr. Petra Klapps berichtet:

Dr. Petra Klapps:

"Hier ist Deutschland eindeutig das Schlusslicht, kann man sagen. Drumherum - in England - zahlen Krankenkassen inzwischen die Humor- oder Clowntherapie. Italien ist eingestiegen, auch mit staatlicher Finanzierung. Belgien, Niederlande und Frankreich sind dabei. In Deutschland ist die Idee überhaupt noch gar nicht so sehr verbreitet, dann überwiegend im Kinderklinikbereich. Hier sind Clowns nach wie vor auf Sponsoren angewiesen, das heißt, es ist eine sehr wackelige Angelegenheit."

Sprecher:

Deutschland ist das Schlusslicht. Das bedeutet, dass es an letzter Stelle steht hinter all den anderen Ländern, für die die Clown- und Humortherapie bereits ein fester Bestandteil der gesundheitlichen Versorgung ist.
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Dienstag, 5. Juni 2007
Der Liegesitz

Das Gegenteil von Aussitzen ist keineswegs Einsitzen. Für alle, die im Sitzen liegen wollen - und umgekehrt - gibt es Liegesitze. Die haben schon vor vielen Jahren Generationen von Autofahrern viel Freude gemacht.

Wann war das eigentlich, als die Autohersteller in ihrer Werbung den ‚Liegesitz’ als besonderes Ausstattungsmerkmal hervorhoben? Es ist zumindest schon eine ganze Weile her und die Generation, die damals den Liegesitz nicht ausschließlich zum Ausruhen auf Rastplätzen bei langen Autobahnfahrten nutzte, ist längst in die Jahre gekommen.

Sitzen ist nicht gleich sitzen
Sitzen und liegen sind Verben, also Tätigkeitswörter wie man altmodisch sagen würde, aber was tut denn ein Mensch, der sitzt oder liegt? Er tut eigentlich nichts. Oder etwa doch? Er denkt vielleicht an die Ferien oder er ist in seinen Sitz in der vollen S-Bahn gequetscht und kann es kaum abwarten, bis er endlich aussteigen kann.

Natürlich kann er auch ganz entspannt in seinem Sessel sitzen und lesen oder fernsehen. Aber sitzen ist nicht gleich sitzen. Wer sich beim Zahnarzt im Wartezimmer niedergelassen hat und gerade noch so auf der Stuhlkante Halt findet, der sitzt eigentlich nicht richtig. Zumindest nicht entspannt.

Sitzen und Sitzenbleiben
Sitzen ist, was die statische Befindlichkeit des menschlichen Körpers angeht, das Mittel von Stehen und Liegen. Wer bei ‚sitzen’ an Stuhl, Hocker und Sessel denkt, an Sitzmöbel also, sollte nicht vergessen, dass man auch ohne sie sitzen kann. Wir sind es aber nicht mehr gewohnt und finden es auch mit Sitzkissen schnell unbequem, auf dem Boden zu sitzen, im Schneidersitz mit untergeschlagenen Beinen, oder gar wie die Indianer in der Hocke, wobei nur der Fußballen den Boden berührt.

Auch das ‚Still-Sitzen’ fällt vielen schwer, da wird ständig mit einem Bein gewippt, hin- und hergerutscht oder gekippelt. Ganz entspannt sitzen, das ist ein Zeichen von Gelassenheit. Das „Sitzenbleiben“ allerdings hat mit entspannter Haltung nichts zu tun. Ein Sitzenbleiber hat das Klassenziel nicht erreicht – wie es so nett heißt – und muss ein weiteres Jahr die sprichwörtliche „Schulbank drücken“.

Die Politik des Aussitzens
Wenn wir schon bei den übertragenen Bedeutungen von ‚sitzen’ sind, darf das seit der sehr langen Regierungszeit eines deutschen Bundeskanzlers zum festen Bestandteil unseres Wortschatzes gewordene „Aussitzen“ nicht fehlen.

Es bezeichnet die wundersame Fähigkeit, Probleme dadurch zu lösen, indem man sie einfach dem Lauf der Zeit anheim gibt und aufmerksam beobachtet, wie sie allmählich von der Gegenwart in die Vergangenheit hinüber gleiten, wo sie sich dann irgendwann auflösen. „Aussitzen“ ist eine Kunst. „Einsitzen“ eine Strafe. Im Amtsdeutsch würde man dafür sagen; „eine Haftstrafe verbüßen“.

Sitzen wir noch oder liegen wir schon?
„Wie man sich bettet, so liegt man“ heißt es im Volksmund. Das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Umgangssprachlich jedoch wird die übertragene Bedeutung viel häufiger gebraucht. „Du bist schon selber dafür zuständig, wie es in deinem Leben aussieht.“ So ungefähr ließe sich diese Redensart deuten.

Bleiben wir aber beim Liegen, jener entspannten Körperhaltung, die sich – es sei denn, man muss krank im Bett liegen – allergrößter Beliebtheit erfreut. Lang ausgestreckt auf dem Sofa oder im Gras liegen oder es sich - alle Viere von sich gestreckt - im großen Sessel bequem machen. Ist das noch Sitzen oder schon Liegen? Die Grenzen sind da fließend. Wer in der heimischen Wohnlandschaft rumfläzt, also unter Aufgabe jeglicher Körperspannung irgendwie in den Polstern hängt, der sitzt nicht mehr, sondern liegt schon fast.

Dafür sind wir bekannt
Auf der Seite liegend, Kissen unterm Kopf, Knabberzeugs in der Nähe und ein guter Film im Fernsehen - das liegt uns Deutschen laut Umfrage ganz besonders. Mal alles stehen und liegen lassen, sich eine Auszeit gönnen und sich hinsetzen oder –legen ist ja auch eine feine Sache. Wenn nicht auf der Couch dann in beziehungsweise auf so einen superbequemen Sessel. Da ergibt sich dann jene Körperhaltung, die der eingangs erwähnten im Liegesitz schon recht nahe kommt.

Fragen zum Text
Wenn man Probleme aussitzt, dann…
A. überlässt man sie dem Lauf der Zeit.
B. löst man sie sofort.
C. findet man schnell eine Lösung.

Jemand der einsitzt,…
A. macht es sich auf einem Sessel bequem.
B. nutzt den Liegesitz im Auto.
C. verbüßt eine Haftstrafe.

Wie man sich bettet, so liegt man bedeutet…
A. man ist selber dafür zuständig, wie es in seinem Leben aussieht.
B. ohne Decke friert man.
C. im Stehen schlafen ist ungesund.

Arbeitsauftrag
Konjugieren Sie folgende Verben: sitzen, liegen, stehen und laufen.
>>Michael Utz<<
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Montag, 4. Juni 2007
Rache

Rache verschafft Genugtuung. Rache ist süß. Sie kann gar nicht salzig, sauer oder bitter sein. Sie ist Lust und Befriedigung. Rache ist die gefährliche Stiefschwester der Gerechtigkeit. Rache ist Selbsthilfe.

"Wie du mir, so ich dir", "Auge um Auge, Zahn um Zahn" - diese aus der Bibel entlehnten und zur Redensart gewordenen Zitate kommen einem unweigerlich in den Sinn, wenn Vergeltung bzw. Rache angedroht wird.

Die Rache des kleinen Mannes
Da denkt man an den militärischen Vergeltungsschlag in so genannten Unruheregionen oder an die "Rache des kleinen Mannes", der danach trachtet, seinem Nachbarn eins auszuwischen, wenn dieser wieder einmal seine Hifi-Anlage bis zum Anschlag aufgedreht hat. Oft weiß man schon vorher, dass als Reaktion auf diesen Racheakt ein weiterer folgen dürfte.

"Rache". Ein altersloses Stichwort, denn Rache, Rache nehmen, Rache üben, jemanden oder etwas rächen, das gehört zum Menschen seit es ihn gibt. "Rache" ist ein uraltes Rechtswort. Es bedeutet die Verfolgung eines Übeltäters durch den Geschädigten. Das klingt harmlos, aber das Wesen der Rache ist, dass sie in rechtsfreiem Raum vollzogen wird. Man denke beispielsweise an die Racheakte innerhalb des organisierten Verbrechens, der Bandenkriminalität. Dort gelten eben andere Gesetze.

Rache als Leidenschaft
Was ist der Unterschied zwischen Recht sprechen und Rache üben? Beides dient doch oder soll zumindest der Wiederherstellung eines Rechtszustandes dienen. Nur: Die Rechtsprechung, das Gericht, ist die den Konfliktparteien übergeordnete Instanz, die objektiv und leidenschaftslos über Recht und Unrecht, über Schuld und Strafe zu befinden hat.

Wer hingegen Rache übt, nimmt sich das Recht zur Bestrafung selbst heraus. Der Rächer ist Vollstrecker, der Racheakt eine emotional aufgeladene, ja leidenschaftliche Tat. Rache und Hass sind eng miteinander verwandt.

Rache ist süß
Rache verschafft Genugtuung und: Rache ist süß. Sie kann gar nicht salzig, sauer oder bitter sein. Sie ist Lust und Befriedigung. Rache ist die gefährliche Stiefschwester der Gerechtigkeit. Rache ist Selbsthilfe.

Das wohl bekannteste literarische Beispiel der deutschsprachigen dramatischen Literatur dafür ist Friedrich Schillers ‚Wilhelm Tell’. Dort heißt es: "Beschloß er, da er Recht nicht konnte finden, Sich Rach’ zu holen mit der eignen Hand". Tells Racheakt, der Tyrannenmord, wird als politischer Befreiungsakt moralisch legitimiert. Der Rächer ein Held. Der Held ein Rächer. Das galt auch für Robin Hood, dem Rächer der Geächteten, der den Reichen nahm und den Armen gab.

Rache befriedigt
Heldisches ist nicht jedem gegeben; aber so ein kleiner Rächer wohnt in jedem von uns. Rachegedanken sind uns allen nicht fremd. Wer hat nicht ab und an das Bedürfnis nach so einer klitzekleinen Racheaktion, dem blöden Kollegen seine ewigen Sticheleien, seine Liebedienerei beim Chef heimzuzahlen.

Das kann ganz offen geschehen oder eben in der sicheren Deckung der sprichwörtlichen ‚Rache des kleinen Mannes’. Die ist vergleichsweise harmlos, aber sie erfüllt ihren Zweck. Ist es etwa keine Genugtuung mit anzusehen, wie das Opfer unserer Rache verzweifelt nach wichtigen Unterlagen sucht und wir doch genau gesehen haben, dass sie versehentlich zwischen die dicken Kuverts im Postausgang geraten sind.

Gerechte Rache
Aber wir sagen nichts. Geschieht ihm ganz recht dem Unsympath.

Fragen zum Text
Die Redensart Auge um Auge, Zahn um Zahn bedeutet,…
1. Gleiches mit Gleichem vergelten.
2. dass eine Massenschlägerei stattfindet.
3. dass man zum Arzt gehen sollte.

Rache ist…
1. sauer.
2. salzig.
3. bitter.

Eine vergleichsweise harmlose, aber ihren Zweck erfüllende Form der Rache, ist die…
1. Rache der Zwerge.
2. Rache der starken Frauen.
3. Rache des kleinen Mannes.

Arbeitsauftrag
Rache ist süß - an wem würden Sie sich gerne mal rächen? Schmieden Sie einen Racheplan und schreiben Sie ihn auf. Aber bitte halten Sie es wie mit der Rache des kleinen Mannes: harmlos, aber effektiv.
>>Michael Utz <<
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Mittwoch, 9. Mai 2007
Nach stundenlangem, eintönigen Warten

Deutsche Behörden sind nicht nur bei den Deutschen unbeliebt. Jeder, der nach endlosem, eintönigem Warten in einem Amt so behandelt wurde wie Yang, hat genug.

Als Yang am frühen Abend wütend die Wohnung betritt, sitzt nur Thomas in der Küche. "Um Himmels willen Yang, was ist denn mit dir los? So wütend habe ich dich noch nie gesehen." "So wütend wie heute war ich wirklich seit langem nicht“, erwidert Yang.

"Du weißt doch, jeden Tag bin ich bis 16:00 am Institut für Physik. Heute bin ich sogar ausnahmsweise eine halbe Stunde früher los, weil ich noch zur Ausländerbehörde musste.

Nach stundenlangem, eintönigen Warten, war ich endlich an der Reihe. Und dann sagt mir dieser Beamte, dass er jetzt Feierabend habe und ich morgen wieder kommen soll. Da kann man doch wütend werden!"

"Das verstehe ich gut, mir ging es auch schon so“, sagt Thomas verständnisvoll. "Ich weiß, dass du jetzt sauer bist, aber darf ich trotzdem dein Deutsch verbessern?“ "Ja, das kannst du immer, Thomas“, sagt Yang.

Thomas erklärt: "Du hast gesagt 'nach stundenlangem, eintönigen Warten', aber richtig müsste es heißen:
'Nach stundenlangem, eintönigem Warten', denn wenn mehrere Adjektive oder Partizipien ohne Artikel vor einem Substantiv stehen, werden sie parallel flektiert."
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Sonntag, 6. Mai 2007
Spannung

Was täten wir ohne Spannung in unserem Leben? Uns langweilen, keinen Muskel mehr bewegen, im Dunkeln sitzen? Auf manche Spannungen jedoch könnten wir gerne verzichten.

Sie ist nahezu allgegenwärtig. Begleitet uns täglich in irgendeiner Form. Sie steckt in uns, befindet sich aber auch außerhalb unseres Körpers und ist für ganz bestimmte Vorgänge sogar unerlässlich. Sie kann ab- und zunehmen, sich steigern bis zur Unerträglichkeit und da wieder nachlassen.

Spannung hat mehrere Gesichter
Es gibt sie im physikalisch-naturwissenschaftlichen, physiologisch-medizinischen, politisch-gesellschaftlichen und im psychischen Bereich. Durch sie wird das Leben schwungvoll und energiegeladen. Und dennoch: Manchmal möchten wir ganz gerne auf sie verzichten. Wie fast alles hat sie mehrere Gesichter, gibt es positive und negative Seiten. Unser Stichwort heißt diese Woche Spannung. Das Wort lässt sich am besten erklären, wenn man seiner Herkunft nachspürt:

Spannung ist ein so genanntes Verbalsubstantiv zum Zeitwort 'spannen'. Dieses stammt von zwei sehr alten Formen ab, die ursprünglich das bedeuteten, was wir heute unter 'festklemmen', 'befestigen' und 'anheften' verstehen. 'Spannen' ist zunächst das in physikalischem Sinne Einwirken von Kraft; ein starkes Anziehen, z.B. das Spannen der Bogensehne. Dieses Urbild von Spannung wurde später auf Feuerwaffen übertragen, man sprach von 'Spannen des Hahns' an den Gewehrschlössern.

Spannung als Symbol
Straff gezogene Seile sind gespannte Seile, Saiten auf Musikinstrumenten werden gespannt, und wie überspannte Bogen reißen auch sie, wenn die Spannung zu groß ist. Mit der Zeit wurde der Gebrauch des Verbums 'spannen' und auch des Substantivs 'Spannung' immer freier, was unter anderem viele übertragene Bedeutungen entstehen ließ.

Wenn sich Brücken von einem Ufer zum anderen spannen, sind damit nicht nur die Brücken als Bauwerke gemeint, sondern auch der symbolische Brückenschlag, das Bild des gespannten Brückenbogens als Symbol für Verständigung. Der Ingenieur hingegen mag bei Brücken durchaus an die Spannbetonbauweise denken, ohne die die erstaunliche Spannweite vieler Brücken nicht möglich wäre.

Gesunde Spannkraft
Müsste man das Wort Fitnessstudio ins Deutsche übersetzen, es käme der holprige Begriff 'Spannkrafterreichungsraum' oder etwas Ähnliches heraus. Denn die körperliche und geistige Fitness ist nichts anderes als die gesunde Spannkraft des Menschen. Diese ist neben der organischen Gesundheit die stets verfügbare Spannkraft der Muskeln und Sehnen und die psychische, man kann auch sagen nervliche Spannung, die sich im Ausgleich und Gleichgewicht mit dem gesamten Organismus befinden sollte.

Wie wichtig dies ist, können alle beurteilen, deren Nerven mitunter zum Zerreißen gespannt sind, oder die in ständiger Anspannung leben. Seit der Klassik wird Spannung, spannen und anspannen bildhaft auf körperliche und geistige Kräfte übertragen. Die sprichwörtliche 'Anspannung aller Kräfte' stammt aus jener Zeit. Gespannt sind wir auch, wie der spannende Krimi weitergeht. Gespannt sitzen wir vor dem Fernseher, wenn die Lottozahlen ausgespielt werden.

Hoch- und Entspannung
Apropos Fernseher: Der funktioniert nur, wenn der Netzstecker in der Steckdose steckt und die Leitung unter Spannung steht. Normalerweise beträgt diese bei uns 220 Volt. Eine Stromspannung von über 250 Volt gilt in der Elektrotechnik als Hochspannung.

Nach soviel Spannung kann es jetzt aber nur eines geben: Entspannung. Entspannen. Zurücklehnen. An den Urlaub denken. Sich vorstellen, wie es dort auf der Insel sein wird. Das kann schon wieder spannend sein.

Fragen zum Text
Wenn Nerven zum Zerreißen gespannt sind...
1. ist man geistiger Belastung ausgeliefert.
2. spannt man gerade einen Bogen.
3. ist eine Brücke instabil.

Eine Stromspannung von über 250 Volt gilt in der Elektrotechnik…
1. als Tiefspannung.
2. als Anspannung.
3. als Hochspannung.

Wenn man sich entspannt…
1. dann lehnt man sich zurück und ruht sich aus.
2. spannt man seine Muskeln an.
3. geht man in den Spannkrafterreichungsraum.

Arbeitsauftrag
Ein heißes Bad nehmen, ein gutes Buch lesen oder ein Stündchen schlafen - was machen Sie nach einer körperlichen oder geistigen Belastung um wieder zu Kräften zu kommen? Beschreiben Sie Ihre persönliche Entspannungs-Methode in einem kurzen Aufsatz und stellen Sie sie Ihrer Klasse vor.
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Sonntag, 25. März 2007
Licht

Der graue Winter ist endlich vorbei! Im Frühling werden die Tage länger und heller. Die Blumen blühen und die Bäume werden grüner. Die ersten warmen Sonnenstrahlen locken auch die Menschen aus den Wohnungen.

Wer von uns Mitteleuropäern sehnt sich nach den langen, dunklen Monaten nicht danach. Nach dem, was uns düstere Gedanken wenigstens für kurze Zeit vergessen machen kann, nach dem, was uns die Dinge wieder klarer und deutlicher sehen lässt, nach dem, was wir gemeinhin als das Gegenteil von Dunkelheit bezeichnen: Der Helligkeit, dem Licht.


Die ersten Sonnenstrahlen

Jetzt, da es wieder länger hell bleibt am Abend und am Morgen früher hell wird, jetzt beginnt sie wieder, die helle Zeit, die Zeit des Lichts. Der Frühling ist nicht mehr aufzuhalten. Licht ist unser Stichwort für diese Woche, gerade rechtzeitig zum kalendarischen Frühlingsanfang, dem 21. März.

Licht hat ursprünglich und immer noch unter anderen Bedeutungen die von Helle und Glanz. Wir kennen das gleißende Sonnenlicht am sommerlichen Strand, die glänzenden Lichtreflexe auf dem Wasser, die strahlende alles ausleuchtende Helligkeit der Sonne im Hochsommer. All dieses Licht ist Tageslicht. Natürliches Licht. Sonnenlicht.

Die letzten Mondstahlen
Auch der Mond gibt Licht. Allerdings indirekt. Er nimmt es, bildlich gesprochen, von der Sonne. Was im Licht des Mondes, oder dichterisch ausgedrückt, im ‚Mondenschein’ alles geschieht oder geschehen kann, welche Stimmungen das Mondlicht erzeugt und befördert, dies zu beschreiben, reichten auch mehrere Stichwörter nicht aus.

Was den Mond und sein Licht angeht, so muss aber das ‚Abendlied’ von Matthias Claudius’ zitiert werden, das mit den Worten beginnt: "Der Mond ist aufgegangen, Die goldnen Sternlein prangen, am Himmel hell und klar"…

Künstliches Licht
Licht, ob natürliches oder künstliches, ist eine Energieform und im physikalischen Sinn die Ursache für die Sichtbarkeit der Körper. Oder: Ohne Licht können wir nichts sehen; wobei hinzugefügt werden muss, dass wir dazu der Fähigkeit des Sehens bedürfen. Des Augenlichts. Glücklicherweise sind wir nicht nur auf natürliches Licht angewiesen.

Wenn wir spät nach Hause kommen oder an einem garstigen Winternachmittag oder nachts aufstehen, was machen wir? Wir knipsen das Licht an. Am Lichtschalter. Wie sehr wir vom elektrischen Licht und von der Elektrizität abhängig sind und ohne darüber nachzudenken über sie verfügen merken wir erst, wenn uns ein Stromausfall dazu zwingt, nach der Taschenlampe zu suchen, oder Kerzen anzuzünden.

Die Schattenseiten des Lichts
Welche Rolle Licht oder ‚das Licht’ für die Menschen spielt zeigt nicht zuletzt die Vielfalt seiner übertragenen Bedeutungen. Übrigens in allen Sprachen und Kulturen. Beschränken wir uns auf einige Beispiele im Deutschen. "Wo viel Licht ist, ist starker Schatten." Diese Binsenweisheit, dank Goethe zum geflügelten Wort geadelt, bedeutet in etwa, wo viele Vorteile, viel Positives zu sehen ist, da gibt es auch viele Nachteile.

"Bei Licht besehen", also bei sorgfältigem Nachdenken, zeigt sich vieles im rechten Licht. Also so, wie es wirklich ist. Wer jemanden "hinters Licht führen will", der verheimlicht ihm oder ihr etwas, enthält etwas vor, will täuschen. Das klappt natürlich und glücklicherweise nicht immer und der betroffenen Person geht gerade rechtzeitig noch "ein Licht auf". Übrigens: Aufgehen von Licht, das ist natürlich auch Sonnenaufgang.

Keine große Leuchte
Bescheidenen gleichwohl klugen und kenntnisreichen Menschen wird bescheinigt, er oder sie stelle sein "Licht unter den Scheffel". Ein ‚Scheffel’ ist ein altes Hohlmaß, ein offenes Gefäß ganz unterschiedlicher Größe, mit dem sich auch etwas abdecken lässt. Auch das Licht. Wer hingegen "sein Licht leuchten" lässt, verfügt in den allermeisten Fällen zwar über ausgeprägtes Selbstbewusstsein, ist aber nicht schon deshalb eine "Leuchte". Ein großes Licht. Aber was soll’s.

Freuen wir uns, dass wir jetzt nicht mehr so viel elektrisches Licht brauchen, weil die Sonne wieder länger scheint. Sie beginnt auch – ganz vorsichtig – wieder zu wärmen; und bald sehen wir es wieder: Das lichte Grün der Bäume.

Fragen zum Text
An welchem Tag beginnt der Frühling?
A. am 1. April
B. am 27. April
C. am 21 März

"Wo viel Licht ist,...
A. sollte man eine Sonnenbrille tragen."
B. sollte man bleiben."
C. ist viel Schatten."

Wer jemanden hinters Licht führen will...
A. will jemanden verführen.
B. will jemandem eine Freude machen.
C. will jemanden täuschen.

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Frühling, Sommer, Herbst oder Winter – welche Jahreszeit mögen Sie am liebsten. Schreiben Sie einen kurzen Aufsatz und begründen Sie ihre Meinung. >>Michael Utz<<
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Mittwoch, 21. März 2007
Blühen
Wenn die Kirschblüten blühen - das ist für viele Menschen die schönste Zeit im Jahr. Die Tage werden länger und das Wetter schöner. Dann dauert es nicht mehr lange bis es endlich Sommer wird.

Es ist schon beinahe zu einem geflügelten Wort geworden. Der Urlaub oder die Ferien gelten als die schönsten, ja kostbarsten Wochen des Jahres. Wer denkt dabei nicht an die Sommerzeit; zumindest aber an schönes Wetter, freundliche, helle Farben und gute Laune.

Nicht nur Blumen blühen...
Die schönste Zeit im Jahreskreis, in der Natur, ist - zumindest in unseren Breiten - die Zeit im Frühjahr und zu Beginn des Sommers, wenn alles blüht. Auch erklärte Freunde von Herbst und Winter werden sich dem Zauber dieser Zeit nicht verschließen. Blühen ist unser Stichwort in dieser Woche; und bei 'blühen' denken wir natürlich auch an 'Blüte' und 'Blumen'. Wobei keineswegs nur Blumen blühen.

Der Blütenzauber blühender Blumen, zumal der ersten - bei uns im Südwesten Deutschlands sind es die zartrosa blühenden Mandelbäume - ist nicht nur wunderschön anzusehen, der Blütenduft in frühlingshafter Landschaft betört alle Sinne. Es wundert nicht, dass seit den Tagen von Helmut Kohl als Kanzler der Bundesrepublik Deutschland das Bild von den blühenden Landschaften zu einem Begriff ungebremsten Optimismus und geradezu freudiger Zukunftserwartung geworden ist.

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Samstag, 10. März 2007
Waschen

Was früher an den Waschplätzen in den Dörfern und auch Städten von den Waschfrauen auf den Waschbrettern gemacht wurde, das geschieht heute in Waschtrommeln. Schmutzige Wäsche allerdings ist ein zeitloses Phänomen.

1901 hatten die Herren Carl Miele und Reinhard Zinkann jenes Wunderwerk erfunden, welches – und jetzt kommt ein Zitat – die Hausfrau von den immensen Mühen des Waschtages befreite.

Dummes Gewäsch
Freilich war die erste Waschmaschine noch von Hand betrieben und funktionierte nach dem Prinzip einer Buttermaschine. Hölzernes Drehkreuz im Bottich für die Wäsche, die – wenn es Kochwäsche war – im brüllendheißen Waschwasser hin- und herbewegt wurde. Meist in der Waschküche, einem dampfigen, feuchtwarmen, unangenehmen Ort. Oft dient die Waschküche als Synonym für schwülwarme Witterung und bleigrauen Himmel, unter dem man sich eben wie in einer Waschküche fühlt.

Wir machen einen Zeitsprung über die Transmissionsriemenwaschmaschine - was für ein Wort! - von 1904, die erste Elektromotorwaschmaschine von 1914, die Ganzmetallmaschine von 1938, zum ersten Mal mit emailliertem Gehäuse, und landen beim Waschvollautomaten der 50er Jahre. Der erledigte alle Waschgänge in einem Waschprogramm oder auch in mehreren. Feinwäsche, Buntwäsche, Kochwäsche.

Die fleißigen Waschfrauen
Was früher an den Waschplätzen in den Dörfern und auch Städten von den Waschfrauen auf den Waschbrettern gemacht wurde, das geschah jetzt in Waschtrommeln. Aber eins ist geblieben: Gewaschen wurde und wird mit Wasser. Früher allerdings sprach man nicht von Waschmitteln, sondern man wusch halt mit Seifen und Laugen, spülte die Wäsche.

Klar, dass die Waschfrauen sich viel zu erzählen hatten. Jede kam ja aus einem anderen Haushalt. Was da im wahrsten Sinne des Wortes an schmutziger Wäsche gewaschen und gleichzeitig über deren Besitzer geredet wurde, führte wohl zur übertragenen Bedeutung von ‚schmutzige Wäsche waschen‘; sprich sich über die Unarten, Fehler und Schwächen anderer unterhalten. Wer gar zu sehr übertrieb und über seine Herrschaften lästerte, der hatte ein ungewaschenes Maul, ein Lästermaul. Bis heute hat sich übrigens für ‚ein großes Geschwätz‘, das ‚große Gewäsch‘ gehalten.

Gewaschene Waschbrettbäuche
Wenn etwas gewaschen ist, ist es im allgemeinen sauber. Rein von Mängeln, keine Flecken, keine Fehler. ‚Das hat sich gewaschen‘, sagen wir und meinen damit, dass etwas ganz prima ist. Ein Mannsbild, das sich gewaschen hat, ist nicht nur eines, das sich wäscht, sondern das auch und vor allem ein tüchtiger Kerl, ja ein toller Typ ist. Auch ganz ohne Waschbrettbauch.

‚Mit allen Wassern gewaschen‘; dieser Ausdruck besagt, dass jemand überaus erfahren, ja durchtrieben und mit Vorsicht zu genießen ist. Wer sich mit einem solchen Menschen einlässt, kann unter Umständen ganz schön dumm aus der Wäsche gucken. Apropos Wäsche: Waschen kann man natürlich nicht nur Wäsche. Auch Autos. Die werden in der Waschanlage gewaschen, die, obwohl auch eine Maschine, kein Mensch Waschmaschine nennen würde.

Nicht nur sauber, sonder rein
Mit der Wäsche, die wir in Form waschbarer Textilien als so genannte Leibwäsche tragen, ist es mit einfachem Waschen oft nicht getan. Und hier müssen wir ganz einfach Frau Johanna König, der gelernten Schauspielerin, Referenz erweisen. Sie war es, die ab 1968 als Waschfrau Klementine den Deutschen per Fernsehwaschmittelwerbung eingebläut hat, dass man nicht nur sauber waschen muss, sondern rein. Das funktionierte natürlich nur mit einem ganz bestimmten Waschmittel. Klar. Dennoch werden diskret auch andere Waschsubstanzen von stets führenden Waschmaschinenherstellern empfohlen.

Im Waschsalon geht es diesbezüglich etwas schlichter zu. Der Automat lässt nach Münz- oder Chipeinwurf das Waschpulver in einen Becher rieseln, und dann geht’s rund mit der Schmutzwäsche in der Trommel. Waschsalons sind so etwas wie die ehemaligen Waschplätze, Wäschebrücken oder Waschhäuser aus der vorindustriellen Zeit. Man trifft sich zum Waschen und schwätzt. Ohne sich anzustrengen. Die Wäsche wird ja automatisch gewaschen.

Fragen zum Text
Die Redensart schmutzige Wäsche waschen bedeutet, …
A. sich über die Unarten, Fehler und Schwächen anderer unterhalten.
B. sich über die positiven Seiten von jemandem auszutauschen.
C. sich von seinen Sünden frei sprechen zu lassen.

Ein Mannsbild, das sich gewaschen hat, ist...
A. sauber.
B. ein toller Typ.
C. jemand, der schlecht über andere spricht

Jemand, der mit allen Wassern gewaschen ist, ist...
A. unschuldig.
B. durchtrieben.
C. getauft.

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Moderne Waschmaschinen waschen nicht nur, sie sparen auch noch Wasser. Wie kann man im täglichen Leben außerdem Wasser sparen? Schreiben Sie 10 Beispiele auf.>>Michael Utz<<
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Samstag, 3. März 2007
Schnupfen

Das kennen wir doch alle: Schnupfen. Und gerade rollt sie wieder, die Erkältungs- und Grippewelle, die unsere Nase, scherzhaft auch Riechwurzel genannt, arg strapaziert. Anlass genug für unser heutiges Stichwort.

Wenn wir das Stichwort der Woche mit einer im Wörterbuch als lautmalende indogermanische Wurzel bezeichneten Silbe beginnen, so hat das seinen guten Grund. Sie lautet ‚sneu’. Sprechen Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, ruhig einmal mit, wenn wir sie jetzt wiederholen: ‚Sneu.’ Jetzt müssen wir nur noch ein ‚zen’ anfügen und schon haben wir das Wort ‚sneuzen’.

Schniefen und schneuzen
Wer sich mit der deutschen Sprache auskennt, wird nun anmerken, dass es eigentlich ‚schneuzen’ heißt. Das stimmt. Heute. Schneuzen bedeutet, sich die Nase putzen. Müssen wir uns verdächtig oft die Nase putzen und dazu noch niesen, so liegt der Verdacht nahe, dass wir das haben, was gemeinhin Schnupfen heißt. Auch der geht rein sprachlich gesehen auf die Silbe ‚sneu’ zurück.

All dies ist einem natürlich ziemlich egal, wenn die Nase läuft, der Blick sich in die Ferne richtet und es einen wieder überkommt; das Kribbeln und Kitzeln vor dem Niesen. Zwar lautet das Stichwort dieser Woche ‚Schnupfen’, aber es könnte auch ‚Niesen’ heißen, denn beides gehört zusammen wie die beiden Ruhrgebietsstädte Castrop und Rauxel. Beim Niesen sind wir unserem Körper völlig ausgeliefert. Machtlos erleben wir, wie es sich andeutet und zielstrebig jenem explosionsartigen Höhepunkt zutreibt, der in einem Sekundenbruchteil Millionen von Tröpfchen ins Freie befördert, die den Schnupfen verbreiten helfen.

Kribbeln und Kitzeln
Auch wenn es noch gelingen sollte, ein Taschentuch vor unser Riechorgan zu halten – es nützt nichts. Oder nur ganz wenig. Schnupfen ist leider eine sehr unangenehme Angelegenheit. Wer ihn hat, leidet. Schnupfen ist eine Entzündung der Nasenschleimhaut, das Atmen durch die Nase ist erschwert, man/frau klingt verschnupft im wahrsten Sinne des Wortes - wobei ‚Verschnupft sein’ auch bedeutet, ‚Eingeschnappt sein’ oder dass man auf jemanden nicht gut zu sprechen ist, weil da irgend etwas Unerfreuliches war. Was da war kommt meistens nicht so recht zur Sprache. Schließlich ist man verschnupft.

Nun ist es leider so, dass der Schnupfen für unablässige Flüssigkeitsproduktion und vor allem Absonderung derselben sorgt. Da schnupfengeplagte Menschen nicht wegen jeden Tropfens Nasenwasser ein Tempo aus der Tasche ziehen wollen, Tempo ist das Wort schlechthin für Papiertaschentuch, ziehen sie die Nase einfach hoch. Sie ‚schnupfen’. Auch dies geschieht durchaus lautmalerisch und ist, wenn es andauernd stattfindet, für die Mitmenschen ziemlich nervtötend.

Durch die Nase
Dass auch Schnupftabak, deshalb heißt er ja auch so, geschnupft, und Drogen wie Kokain ebenfalls durch die Nase aufgenommen werden können, sei nur am Rande erwähnt. Mit unserem Schnupfen, der Rhinitis, wie er in der medizinischen Fachsprache heißt, hat dieses Schnupfen nichts zu tun.

Niesen wir noch einmal. Wir kommen vom Lautmalen nicht weg. Selten hat ein Wort, im Sinne eines ‚Bezeichnenden’ so eindeutige Zuordnung zu seinem ‚Bezeichneten’ gefunden, wie ‚Hatschi’ zu ‚Niesen’. Früher durfte man aufmunternd ‚Gesundheit’ wünschen, wenn jemand geniest hat, heute gilt dies als politisch unkorrekt, weil das Niesen eine intime Angelegenheit ist, die niemanden etwas angeht. Da kann man nichts machen. Allerdings müssen wir in Kauf nehmen, dass wir Intimität hin oder her, angesteckt werden. Durch Tröpfcheninfektion nämlich. Diese findet vorzugsweise in überfüllten Nahverkehrsmitteln statt, wenn so richtig schönes Schmuddelwetter herrscht.

Schrimm hat Grimm
Aber der Schnupfen kann uns an jedem Ort auflauern, niemand ist vor ihm sicher. Ein Opfer war zum Beispiel im Jahre 1908 Paul Schrimm. Der Dichter Christian Morgenstern hat, schlau wie er war, diesen Namen aus mindestens zwei Gründen gewählt. Erstens ist Paul Schrimm ein Allerweltsname, womit feinsinnig darauf hingewiesen wird, dass der Schnupfen jeden treffen kann und zweitens reimt sich Schrimm auf ‚Grimm’. Und damit lassen wir das Schlusswort dem Dichter:

"Ein Schnupfen hockt auf der Terrasse,
auf dass er sich ein Opfer fasse
- und stürzt alsbald mit großem Grimm
auf einen Menschen namens Schrimm.
Paul Schrimm erwidert prompt: ‚Pitschü!’
und hat ihn drauf bis Montag früh."

Fragen zum Text
Wenn man sich schneuzt, dann...
A. zieht man die Nase hoch.
B. putz man sich die Nase.
C. benutzt man Nasentropfen.

Jemand der Schnupfen hat,...
A. lacht sehr viel.
B. niest häufig.
C. hustet ständig.

Was ist ein Tempo?
A. ein Verkehrsschild
B. eine Nasenkrankheit
C. ein Papiertaschentuch

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Ein Besuch beim Arzt – Stellen Sie sich vor, Sie haben Schnupfen und müssen in Deutschland einen Arzt aufsuchen. Spielen Sie zu zweit eine Szene in einer Arztpraxis nach. Überlegen Sie sich vorher was der Arzt und was der Patient sagen sollte. >>Michael Utz<<
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Donnerstag, 22. Februar 2007
Die Kunst der Worte

Wer hat nicht schon einmal die Nacht durchgelesen, weil ihn ein Buch nicht losgelassen hat. Gute Schriftsteller beherrschen die Kunst, Buchstaben in lebendige Geschichten zu verwandeln und damit Leser zu fesseln.

Sprecherin:
Die Kunst der Worte, die Kunst, Buchstaben in lebendige Geschichten zu verwandeln und damit Leser zu fesseln – das ist das Talent, das einen Schriftsteller ausmacht. Der Schriftsteller, derjenige, der eine Schrift, also einen Text, erstellt, war noch bis zum 16. Jahrhundert dafür zuständig, Rechts- oder Bittschriften aufzusetzen. Seit dem 17. Jahrhundert wird das Wort Schriftsteller nur noch als Berufsbezeichnung für denjenigen verwendet, der Romane, Erzählungen, Gedichte oder Sachbücher schreibt.

Sprecher:
Ein bekannter deutscher Schriftsteller ist Wolfgang Bittner. Der Sechzigjährige stammt aus Gleiwitz in Oberschlesien, ist an der Nordseeküste aufgewachsen und lebt heute in Köln. Er hat über dreißig Bücher geschrieben. Viele davon sind in andere Sprachen übersetzt worden. Wolfgang Bittner ist mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet worden.

Wolfgang Bittner:
"Das Schreiben macht mir Spaß. Es ist harte Arbeit, herauszufinden, wie man etwas formuliert. Das, was sich gedanklich vorbereitet, in Worte zu fassen, aufs Papier zu bringen. Und zwar so, dass man hinterher mit dem Ergebnis zufrieden ist, oder dass es sogar übertroffen wird von dem, was man im Kopf hatte. Das ist harte Arbeit."

Sprecherin:
Etwas in Worte zu fassen ist ein eleganter Ausdruck dafür, etwas zu formulieren, etwas in Worten auszudrücken. Der Wortstamm geht zurück auf das altnordische "fata", "zusammenfügen". Aus dem gleichen Stamm leitet sich auch das Substantiv Verfasser ab. Ein Verfasser hat ebenfalls einen Text hergestellt. Allerdings ist Verfasser keine Berufsbezeichnung, wie Schriftsteller. Verfasser ist jeder, der einen Text, gleich welcher Art, geschrieben – man sagt auch verfasst - hat. Schreibt man zum Beispiel einen Brief, ist man der Verfasser des Briefes. Aber deswegen noch lange kein Schriftsteller.

Sprecher:
Ein Schriftsteller dagegen ist immer auch ein Verfasser. Nämlich der Verfasser der eigenen Texte. Wolfgang Bittner hat seine schriftstellerische Begabung bereits als Kind entdeckt. Trotzdem hat er zunächst den Beruf des Rechtsanwalts erlernt und das Studium der Rechtswissenschaften sogar mit einem Doktortitel abgeschlossen. Seine Liebe zur Literatur war jedoch größer.

Wolfgang Bittner:
"Ich hatte eigentlich immer vor, Schriftsteller zu werden. Aber mir hat zeitweise auch die Juristerei durchaus zugesagt. Bis ich eben merkte, das ist nicht das, was ich bis an mein Lebensende machen möchte. Ich habe während des Studiums dann vermehrt angefangen, für Zeitungen zu arbeiten, auch für den Rundfunk. Das trainiert natürlich auch das Schreiben, so dass sich das allmählich vorbereitet hat. Man kann ja nicht heute sagen, ab morgen bin ich Schriftsteller. Das klappt ja nicht. Sondern man muss das ausprobieren, auch, ob das finanziell geht, freiberuflich als Schriftsteller tätig zu sein. Denn es gibt ja viele. Aber in den seltensten Fällen klappt das."

Sprecherin:
Der Ausdruck etwas klappt oder etwas klappt nicht anstelle von "etwas funktioniert" oder "etwas funktioniert nicht" ist im Deutschen sehr gebräuchlich. Er leitet sich ab von dem Verb klappen, der Bezeichnung für "mit einem leichten Geräusch aufeinandertreffen, einrasten". Aus der Vorstellung von ineinander einrastenden Werkstücken beziehungsweise aus dem Auftreffen auf ein Ziel leitet sich die übertragene Bedeutung von klappen als "gut funktionieren" ab.

Sprecher:
Fast jeder Schriftsteller braucht viel Geduld, bis es mit dem Erfolg als Buchautor klappt. Der Weg vom Manuskript, dem selbstgeschriebenen Text, abgeleitet vom lateinischen "manu scriptus", mit der Hand geschrieben, bis zum gedruckten Buch ist lang. Vor allem, wenn der Verfasser oder die Verfasserin noch jung und unbekannt ist.

Wolfgang Bittner:
"Ich habe mehrere Jahre, Ende der 70er Jahre, an einem Roman gearbeitet, 'Der Aufsteiger, oder ein Versuch, zu leben'. Das wurde damals ein literarischer Bestseller. Das Manuskript habe ich mindestens vier oder fünf Verlagen angeboten, bis es angenommen wurde."

Sprecherin:
Das englische Leihwort Bestseller ist, in Bezug auf Bücher, ein fester Bestandteil der deutschen Sprache geworden. Ein Bestseller ist ein Buch, das außerordentlich hohe Verkaufszahlen erzielt. Ein eigenes deutsches Wort mit der selben Bedeutung gibt es nicht. Allerdings wird der Begriff Bestseller nur und ausschließlich für Bücher verwendet. Auf andere Artikel, egal, wie gut sie sich verkaufen mögen, findet er keine Anwendung.

Sprecher:
Jeder Schriftsteller träumt davon, mindestens einmal im Lauf seiner Karriere einen Bestseller zu schreiben. Denn ein Buch, das sich sehr oft verkauft, bringt nicht nur Berühmtheit, sondern auch gute Einnahmen. Das Honorar eines Schriftstellers setzt sich zusammen aus einer Summe, die er für seinen Text bekommt, und einer Beteiligung am Verkauf des fertigen Buches. Verkauft sich das Buch gut, verdient der Schriftsteller mehr. Trotzdem muss er fleißig sein und viel und gut schreiben, um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Wolfgang Bittner:
"Von einem Buch, selbst wenn man mal ein Buch hat, das gut läuft, kann man nicht so lange leben, wie manche meinen. Man muss immer mal ein Buch haben, das gut geht. Es sind Ausnahmefälle, wo eine Autorin oder ein Autor, wie zum Beispiel Frau Rowling mit 'Harry Potter', Millionärin wird."

Sprecherin:
Etwas, das gut läuft, oder gut geht, ist erfolgreich. Der Ausdruck ist in den unterschiedlichsten Zusammenhängen gebräuchlich. So kann zum Beispiel eine Karriere gut laufen, aber auch ein Fußballspiel, eine Prüfung oder eben der Verkauf eines Buches. Die Bücher über den Zauberlehrling Harry Potter, die die britische Schriftstellerin Joanne K. Rowling verfasst hat, laufen in der Tat außerordentlich gut.

Sprecher:
Wolfgang Bittner schreibt neben Literatur für Erwachsene auch Bücher für Jugendliche und Kinder. An alle Texte, egal, ob sie von jungen oder älteren Menschen gelesen werden, verwendet er die gleiche Sorgfalt.

Wolfgang Bittner:
"Ich finde, dass Bücher, auch so genannte hochwertige Literatur, den Leser nicht unbedingt langweilen muss. Ich persönlich versuche einerseits zu unterhalten, andererseits versuche ich aber auch, einige Gedanken zu transportieren in meinen Romanen, in Gedichten, in Geschichten, die mir wichtig erscheinen."

Sprecherin:
Der Roman, abgeleitet vom altfranzösischen "romanz", einer Erzählung in französischer Sprache, ist eine umfangreiche Erzählung, lang genug, um ein ganzes Buch zu füllen. Eine kürzere Erzählung, von deren Sorte mehrere in ein Buch passen würden, ist eine Novelle. Ein Text oder eine Abhandlung, die nur eine, oder wenige Seiten umfasst, ist ein Essay, zu deutsch Aufsatz.

Sprecher:
Romane, Novellen oder Essays sind in Prosa abgefasst. Prosa, vom lateinischen "oratio prosa", ungebundene Rede, bezeichnet eine Sprache, die der gesprochenen Sprache entspricht. Das Gegenstück zur Prosa ist das Gedicht. In Gedichten ist die Sprache auf besondere Weise gebunden, in Zeilen, manchmal in Reime gefasst, eben verdichtet. Zur Prosaliteratur gehört auch Wolfgang Bittners Jugendbuch "Die Fährte des grauen Bären". Dieser Roman ist eines seiner erfolgreichsten und meistverkauften Werke. Es schildert das Schicksal einer Gruppe junger Deutscher, die in der kanadischen Wildnis ein Leben fernab der Zivilisation versuchen.

Zitat:
Aus "Die Fährte des grauen Bären":

"Am Anleger saßen Manfred, Gordon und Linda, die ein übelriechende Tabakspfeife herumgehen ließen. Stefan setzte sich zu ihnen und schnüffelte. 'Das stinkt ja wie angebrannte Socken! Was raucht ihr denn da?' 'Wir nennen es Kinnik-Kinnik. So heißt bei den Indianern der Tabak. Ist aus getrockneten Blättern mit Majoran und Thymian gemischt.' Gordon grinste. 'Ist auch noch ein bisschen Stoff dabei,' ergänzte er. 'Stoff?' 'Gras,' lachte Gordon. 'Willst'e auch 'nen Zug?' Stefan lehnte dankend ab. 'Ich bin doch nicht in den Busch gekommen, um mir hier so ein Zeug reinzuziehen!"

Sprecherin:
Sich etwas reinziehen ist ein umgangssprachlicher Ausdruck dafür, etwas zu sich zu nehmen, etwas zu konsumieren. Der Begriff ist ein typisches Beispiel für Jugendsprache.

Sprecher:
Ein Schriftsteller, der für junge Leser schreibt, muss sich natürlich auch in der Sprache der jungen Leute ausdrücken können. Dabei darf er nicht vor Ausdrücken zurückschrecken, die unter Kindern und Jugendlichen gerade modern sind. Auch, wenn er sie in Texten für Erwachsene nicht verwenden würde, weil sie nicht zur Hochsprache gehören. Wolfgang Bittner findet seine Anregungen dabei im eigenen Haus.

Wolfgang Bittner:
"Das hing mit meinen eigenen Kindern zusammen. Ich habe drei Kinder, die nun allerdings schon etwas älter sind. Ich musste zum Beispiel meiner Tochter, die inzwischen 26 Jahre alt ist und Psychologie studiert, abends, wenn sie ins Bett ging, immer etwas vorlesen, weil sie nicht einschlafen konnte. Und manchmal hab ich mir dann Notizen gemacht, oder sogar eine Skizze aufgeschrieben. Ich habe eine ganze Schublade voll solcher Skizzen. Und ab und zu greif' ich hinein, und dann entsteht, wenn ich Glück habe, ein neues Bilderbuch."

Sprecherin:
Ein Bilderbuch ist ein Buch für ganz kleine Kinder. Ein Buch, das hauptsächlich aus Bildern besteht, und in dem nur ganz wenig, manchmal gar kein Text vorkommt.

Wolfgang Bittner:
"Ich habe gerade ein neues Buch veröffentlicht, 'Beruf Schriftsteller'. Nach zwei, drei Monaten waren etwa 30 Besprechungen da, überwiegend sehr positiv, aber eben auch zwei Verrisse, die mir dann doch zu schaffen machten, weil ich feststellte, das ist unfair, was da mit diesem Buch geschieht und mit dem Autor."

Sprecherin:
Der Verriss ist bei allen Künstlern gefürchtet. Ein Verriss, vom mittelhochdeutschen "verrizen", zerreißen, ist eine vernichtend schlechte Kritik. Solche Kritiken stehen für gewöhnlich in der Zeitung, und jedermann kann sie lesen. Sie können Bücher und ihre Verfasser treffen, aber auch Schauspieler, Sänger und andere Künstler.

Sprecher:
Außer den Kritikern können auch die Verlage den Schriftstellern das Leben schwer machen. Verlage sind die Institutionen, die einen Text drucken und als Buch auf den Markt bringen. Man sagt dazu auch, ein Buch verlegen. Der Begriff Verlag für eine Firma, die Druckwerke herausgibt, hat sich im 17. Jahrhundert entwickelt. Er leitet sich vom Begriff "auslegen" ab, also, Geld für jemanden oder etwas, in diesem Fall eben Drucke, zur Verfügung stellen. Da Verlage an den Büchern ihrer Schriftsteller verdienen, mischen sie sich manchmal stark in die künstlerische Arbeit ein.

Wolfgang Bittner:
"Ich bin immer ganz froh, wenn ich dem deutschen Literaturbetrieb für einige Wochen und Monate den Rücken kehren kann. Das geht doch recht neurotisch und oft auch intrigant zu. Sie machen einem Vorgaben und bevormunden einen sehr stark.

Sprecherin:
Manchmal werden Schriftsteller von den Verlagen bevormundet. Das Verb bevormunden, ebenso wie das dazugehörige Substantiv Vormund, geht zurück auf das althochdeutsche "foramunto", was so viel bedeutet wie "Rechtsbeistand", "Rechtsvertreter". Ein Vormund kann für eine andere Person Entscheidungen treffen. Bevormunden bedeutet also, jemanden in seiner Entscheidungsfreiheit einzuschränken, jemandem Ideen oder Entscheidungen aufzuzwingen.

Sprecher:
Der Schriftsteller Wolfgang Bittner pflegt sich in die kanadische Wildnis zurückzuziehen, wenn ihn der heimische Literaturbetrieb zu bevormunden beginnt. In der urwüchsigen Landschaft schöpft er Kraft. Außerdem war sie ihm bereits Inspiration für vier Romane. Einer davon ist "Die Fährte des grauen Bären". An einer Stelle versucht der junge Deutsche Stefan, Kanufahren zu lernen.

Zitat:
Aus "Die Fährte des grauen Bären":

"Sie zogen noch eine Runde über die Bucht und kamen wieder zum Anleger zurück. Gordon sprang hinaus und hielt das Boot fest, damit Stefan ebenfalls aussteigen konnte. Stefan merkte, wie die anderen gespannt zuschauten. 'Guckt ihr nur. Ganz so ungeschickt, wie ihr glaubt, bin ich nun auch wieder nicht.' Aber gerade in dem Moment, in dem er einen Fuß noch im Boot, und einen auf dem Anleger hatte, ließ Gordon los. So unerwartet, dass Stefan sofort sein Gleichgewicht verlor. Verzweifelt versuchte er, sich vom Kanu abzustoßen, doch es glitt unter ihm weg. Und ehe er sich's versah, schlug das Wasser über seinem Kopf zusammen."

Sprecherin:
Stefan taucht unversehrt wieder auf. Nur das Gelächter der anderen muss er ertragen. "Die Fährte des grauen Bären" ist ein Buch, das Wolfgang Bittner oft mitnimmt, wenn er Lesungen in Schulen hält. Lesungen, also öffentliche Vorträge aus eigenen Werken, sind ein wichtiger Bestandteil im Alltag eines Schriftstellers. Sie ermöglichen ihm den direkten Kontakt zu seinem Publikum und tragen dazu bei, ihn und seine Werke bekannt zu machen.

Sprecher:
Auch wenn Wolfgang Bittner noch nicht verrät, welches Thema sein nächstes Buch behandeln wird – etwas wird auf jeden Fall im Mittelpunkt stehen, ganz, wie es sich für einen guten Schriftsteller gehört: die Kunst, Buchstaben in lebendige Geschichten zu verwandeln und damit Leser zu fesseln, die Kunst der Worte.

Fragen zum Text

Wer oder was ist ein Verfasser?
1. jemand, der einen Text, gleich welcher Art, geschrieben hat
2. jemand, der in schlechter Verfassung ist
3. jemand, der alles anfassen muss

Was ist ein Bestseller?
1. ein Buch, das sich schlecht verkauft
2. ein Buch, das sich sehr gut verkauft
3. ein Spielzeug, das sich sehr gut verkauft

Was bedeutet das Verb bevormunden?
1. jemandem alle Freiheiten lassen
2. jemandem Entscheidungen aufzuzwingen
3. jemanden küssen

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Stellen Sie Ihrer Klasse Ihr Lieblingsbuch vor. Erklären Sie worum es geht, welche Personen darin vorkommen und was Ihnen daran so gut gefällt. Lesen Sie außerdem einen interessanten Abschnitt daraus vor.

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Samstag, 10. Februar 2007
Blockade

Blockieren kann man vieles. Besonders beliebte Blockadeobjekte waren in der Vergangenheit etwa England, Berlin, diverse Militärgelände, Castortransporte oder auch das eigene Denken.

Unser Stichwort diese Woche ist Blockade. Das Wort ist eine so genannte französisierende Bildung. Das bedeutet, dass es lediglich französisch klingt, aber kein rein französisches Wort ist. Blockade nämlich heißt in der Sprache unsere Nachbarn blocage.

Woher kommt der Block?
Wann und woher aber kam 'bloc' mit 'c' - die Schreibweise ist fast unerheblich - ins Französische? Mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem Mittelniederländischen und zwar schon im 13. Jahrhundert. Bloc war das Wort für den rohen, grob behauenen Baumstamm oder auch Baumstumpf.

Das Wort Blockhaus erklärt sich direkt aus dieser Bedeutung von Block und ist fast gleichzeitig mit Block ebenfalls ins damalige Französisch eingewandert. blockhaus, fest im französischen Wortschatz verankert, und von der deutschen Schreibweise lediglich durch das kleine 'b' unterschieden, ist noch heute das Wort für das, was auch im Deutschen unter einem Blockhaus verstanden wird; beziehungsweise einem gepanzerten Befehlsstand oder einem kleineren Bunker.

Unüberwindbare Stabilität
Das Blockhaus aus schweren Holzstämmen zusammengezimmert, ist eine stabile Sache. So bestanden die frühen militärischen Bollwerke, die Forts, aus Blockhäusern mit schwer überwindlichen Zäunen, den Palisaden. Diese hölzernen Festungen waren oft Grenzsicherungen. Sie blockierten die freie Durch- oder Weiterfahrt.

Blockieren, das Verbum, ist als direkte Ableitung des französischen bloquer während des 17. Jahrhunderts ins Deutsche gelangt. Es hatte zunächst wie Blockade auch eine rein militärische Bedeutung. Wobei noch eine kleine sprachgeschichtliche Anmerkung zu Blockade nachzutragen ist: Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde es aus dem italienischen bloccata entlehnt, das wiederum aus dem... na, Sie wissen schon.

Kein Entkommen
Also: Blockade und blockieren. Blockade heißt militärisch Ein- oder Absperrung, Einschließung, Einkreisung und Einkesselung. Ziel der Blockade ist es, die Bewegungsunfähigkeit des Gegners zu erreichen. Das kann mit unterschiedlichen Mitteln zu unterschiedlichen Zwecken geschehen. Es gibt Seeblockaden, durch die die Ein- beziehungsweise Ausfahrt von gegnerischen Schiffen verhindert wird, Wirtschaftsblockaden, mit denen ein Land oder mehrere Länder unter Druck gesetzt werden, um politische Zugeständnisse zu erzwingen.

Das alles ist etwas vereinfacht ausgedrückt, trifft aber den Kern der Sache. Die schwerwiegendste Blockade der jüngeren deutschen Geschichte war die Berliner Blockade. Die damalige sowjetische Besatzungsmacht in Deutschland verfügte die totale Sperrung aller Land- und Wasserwege von und nach Westberlin. Die Berliner Blockade dauerte vom 24.06.1948 bis zum 12.05.1949.

Musterblockade
Als - wenn man so will - Musterbeispiel einer allumfassenden Blockade ist jene anzusehen, die Napoleon I. gegen England am 21. November 1806 erließ. Unter dem Begriff Kontinentalsperre ist sie in die Geschichte eingegangen.

Blockade und blockieren sind Wörter, die seit dem frühen 20. Jahrhundert als Fachausdrücke auch in der Sprache der Technik, Medizin und Psychologie gebraucht werden. Beispiel: Um zu verhindern, dass Laufräder bei Fahrzeugen während des Bremsvorganges nicht mehr ohne Drehbewegung gleiten, also blockieren, ist in Autos ein Antiblockiersystem, kurz ABS, eingebaut.

Blockierungen beim Menschen mittels Einbau eines technischen Systems aufzuheben, ist nur bedingt möglich. Blockierungen der Atemwege, unterbrochene, sprich blockierte Nervenleitungen haben oft vielfältige Ursachen. Die inneren Blockierungen, die seelischen Blockaden, das sind Störungen psychischer Vorgänge; Verdrängungen, Lähmungen und Hemmungen. Sie aufzuheben erfordert ausgeklügelte Diagnose- und Behandlungsmethoden, die sich von Fall zu Fall unterscheiden.

Total blockiert
Am schwierigsten ist wohl den Denkblockaden beizukommen. Wer nicht denken will, der will halt nicht.

Fragen zum Text
Was ist ein Blockhaus?
A. ein kleiner Bunker
B. ein gemütliches Holzhaus
C. ein Haus in einer blockierten Zone

Wie lautet das Verb zu Blockade?
A. blockagieren
B. blockieren
C. blockadieren

Was wird im Text als Musterbeispiel einer allumfassenden Blockade bezeichnet?
A. die Berliner Blockade
B. die Denkblockade
C. die Blockade Englands durch Napoleon

Arbeitsauftrag
Informieren Sie sich genauer über die Berliner Blockade. Bereiten Sie eine kurze Präsentation vor und erklären Sie die genauen Umstände der Blockade. >>Michael Utz<<
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