Mittwoch, 8. August 2007
Das piept

Reist ein Zugvogel mit der Bahn ? - Na, klar! Und wer das glaubt, hat einen Vogel? - Nein! Selbstverständlich nicht! Und was piept da? Oder kräht es? Die "Sprachbar" beschäftigt sich mit geflügelten Worten zum Federvieh.

In der Politik spricht man von friedfertigen Tauben und argwöhnischen Falken und der Politiker, der bloß noch pro forma sein Amt ausübt, den nennt man "lahme Ente", "lame duck". Der stolze Adler, die diebische Elster, der lauernde Geier – der Mensch charakterisiert den Menschen gern "ornithologisch", also nach Vögeln beziehungsweise deren Eigenschaften. Dem Vogel scheint das egal zu sein. Von einem Menschen, der sich so ignorant verhielte, würde man sagen, er stecke den Kopf in den Sand, er betreibe Vogel-Strauß-Politik. Als stecke der Strauß seinen Kopf in den Sand nach Art kleiner Kinder, die hoffen, man werde sie so nicht sehen.

Krähen und Pfeifen

Vögel haben ihre Augen überall. Auch –Vorsicht Scherz! – an den Füßen. Die sogenannten Hühneraugen findet man aber ausschließlich an Menschenfüßen. Nebenbei: der Chef einer Hühnerfarm wird übrigens nicht "Vogelbauer" genannt. So nennt man einen Käfig. Verwirrend? Der Volksmund empfiehlt in Zweifelsfällen Zweifelhaftes: "Mädchen, die pfeifen, Hühnern, die krähn, soll man beizeiten die Hälse umdrehn."

Einiges bleibt besser ungesagt. Die Spatzen pfeifen es sonst von allen Dächern. Der Spatz ist vielseitig: mal ist er ein frecher Spatz, goldig und süß, andererseits gilt er als gewöhnlich und schmucklos. "Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach", das sagt, wer mit dem sicheren, wenn auch kleineren Gewinn zufrieden ist. Der Spatz ist klein und er hat ein Spatzenhirn. Ihm das vorzuwerfen, wäre Unsinn. Erstens: Er würde es nicht kapieren (dafür ist er einfach zu doof) und zweitens hätte dieser Vorwurf etwas vom "Mit-Kanonen- auf-Spatzen-Schießen", der Vorwurf wäre unverhältnismäßig.

Sport und Speißen
Lob für außergewöhnliche Leistung: Er hat den Vogel abgeschossen! Noch heute kennt man in vielen Gegenden Deutschlands den Brauch des Vogelschießens. Derjenige, der vom Schützenbaum den Vogel herunterschießt, darf sich ein Jahr lang "Schützenkönig" nennen. Wer den Schiesssport nicht mag, der kann ihn auch lassen. Frei nach dem drastischen Motto: Friß Vogel oder stirb! Oder wie es bei Martin Luther heißt "Vögelin, wiltu nicht essen, so stirb". Übrigens: wer wenig isst, der muss sich ermahnen lassen, er esse ja wie ein Vögelchen.

Viel zu viel essen kann man auch. "Frisst" man andauernd, ohne zu arbeiten, ja, ohne sich zu bewegen – dann ist der Traum vom Schlaraffenland wahr geworden. Dort sollen einem die gebratenen Tauben in den Mund fliegen. Traumhaft! Nun, angesichts unsrer heutigen verfetteten Stadttauben, die man ja mitunter schon "Ratten der Lüfte" schimpft, wohl eher ein Albtraum. In diesem Zusammenhang ist es erstaunlich, dass die Taube nach wie vor als Vogel der Liebe gilt, wie bei den alten Römern schon. Frisch Verliebte sind noch immer zwei "Turteltäubchen". Nicht schlecht für eine "Ratte der Lüfte"! Außerdem gilt sie weißgefiedert als Friedenszeichen, als Zeichen der Unschuld und sie ist Symbol des Heiligen Geistes.

Fliegen oder Bleiben
Man kann auf jemanden fliegen, das führt zum "Turteln", man kann aber auch rausfliegen. Aus einer Firma. Das führt zu Arbeitslosigkeit. In manchen Firmen geht es zu wie in einem Taubenschlag, ein ständiges Kommen und Gehen. Viele die weggehen, werden gesucht. Manch einer von der Polizei. Dann heißt es: "Der Vogel ist ausgeflogen!" Den (echten) Vogel setzt man gefangen, indem man Leimruten auslegt. Entsprechend heißt es von einem gefangenen Ganoven, er ist "auf den Leim gegangen" und die Polizei kann melden: "Der Vogel sitzt." Häufig bezeichnet man als "Vogel" einen Kriminellen, aber nur, wenn er ein kleiner Ganove und nur ein bisschen böse ist.

Es gibt ferner den "komischen Vogel", einen Menschen, der ein bisschen sonderbar ist, und den "losen Vogel" einen Menschen, der ein bisschen liederlich ist. Und jeder dieser "Vögel" träumt davon, frei zu sein, frei wie ein Vogel! Auf keinen Fall aber "vogelfrei". Die Vogelfreien waren geächtete Menschen, sie hatten keinerlei Rechte, keiner durfte ihnen Obdach gewähren, und starben sie, blieben sie unbestattet, den wilden Vögeln zum Fraß... Wir schauen auf diese vergangene Zeit aus großer Distanz wie aus der Vogelperspektive, also von oben. Früher war halt vieles anders... Früher glaubten die Leute, Geistesgestörtheit werde verursacht durch das Nisten von Tieren im Kopf. Die hatten wohl alle einen Vogel!

Es piept im Verkehr
Heute weiß man genau, wer einen Vogel hat. Am genauesten weiß es der deutsche Autofahrer, der aus seinem Wissen kein Geheimnis macht. Ein kleines Fingertippen an die eigene Stirn und schon hat er einen Vogel intuitiv erkannt und gezeigt. Mittlerweile weiß so jeder Autofahrer, wer einen Vogel hat: der andere Autofahrer. Immer.

Fragen zum Text
Mit welcher Charakteristik eines Vogels wird der Mensch nicht verglichen?
a. diebische Elster
b. lauernder Geier
c. stummer Hahn

Was meint jemand damit, wenn er/ sie Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach sagt?
a. er/ sie setzt sich für den Schutz der Spatzen ein
b. er/ sie nimmt sich alles rücksichtslos
c. er/ sie ist mit einem sicheren kleinen Gewinn zufrieden

Wer wird als komischer Vogel bezeichnet?
a. jemand, der ein bisschen sonderbar ist
b. jemand, der viele Witze erzählt
c. jemand, der sehr kreativ ist

Arbeitsauftrag
Wie verhalten Sie sich im Straßenverkehr? Hat bei Ihnen auch immer der andere Autofahrer einen Vogel oder sehen Sie Ihre eigenen Fehler auch ein? Unterhalten Sie sich mit ihren anderen Kursteilnehmern über Ihre Erlebnisse im Straßenverkehr. >>Stefan Reusch<<

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