Montag, 4. Juni 2007
Rache

Rache verschafft Genugtuung. Rache ist süß. Sie kann gar nicht salzig, sauer oder bitter sein. Sie ist Lust und Befriedigung. Rache ist die gefährliche Stiefschwester der Gerechtigkeit. Rache ist Selbsthilfe.

"Wie du mir, so ich dir", "Auge um Auge, Zahn um Zahn" - diese aus der Bibel entlehnten und zur Redensart gewordenen Zitate kommen einem unweigerlich in den Sinn, wenn Vergeltung bzw. Rache angedroht wird.

Die Rache des kleinen Mannes
Da denkt man an den militärischen Vergeltungsschlag in so genannten Unruheregionen oder an die "Rache des kleinen Mannes", der danach trachtet, seinem Nachbarn eins auszuwischen, wenn dieser wieder einmal seine Hifi-Anlage bis zum Anschlag aufgedreht hat. Oft weiß man schon vorher, dass als Reaktion auf diesen Racheakt ein weiterer folgen dürfte.

"Rache". Ein altersloses Stichwort, denn Rache, Rache nehmen, Rache üben, jemanden oder etwas rächen, das gehört zum Menschen seit es ihn gibt. "Rache" ist ein uraltes Rechtswort. Es bedeutet die Verfolgung eines Übeltäters durch den Geschädigten. Das klingt harmlos, aber das Wesen der Rache ist, dass sie in rechtsfreiem Raum vollzogen wird. Man denke beispielsweise an die Racheakte innerhalb des organisierten Verbrechens, der Bandenkriminalität. Dort gelten eben andere Gesetze.

Rache als Leidenschaft
Was ist der Unterschied zwischen Recht sprechen und Rache üben? Beides dient doch oder soll zumindest der Wiederherstellung eines Rechtszustandes dienen. Nur: Die Rechtsprechung, das Gericht, ist die den Konfliktparteien übergeordnete Instanz, die objektiv und leidenschaftslos über Recht und Unrecht, über Schuld und Strafe zu befinden hat.

Wer hingegen Rache übt, nimmt sich das Recht zur Bestrafung selbst heraus. Der Rächer ist Vollstrecker, der Racheakt eine emotional aufgeladene, ja leidenschaftliche Tat. Rache und Hass sind eng miteinander verwandt.

Rache ist süß
Rache verschafft Genugtuung und: Rache ist süß. Sie kann gar nicht salzig, sauer oder bitter sein. Sie ist Lust und Befriedigung. Rache ist die gefährliche Stiefschwester der Gerechtigkeit. Rache ist Selbsthilfe.

Das wohl bekannteste literarische Beispiel der deutschsprachigen dramatischen Literatur dafür ist Friedrich Schillers ‚Wilhelm Tell’. Dort heißt es: "Beschloß er, da er Recht nicht konnte finden, Sich Rach’ zu holen mit der eignen Hand". Tells Racheakt, der Tyrannenmord, wird als politischer Befreiungsakt moralisch legitimiert. Der Rächer ein Held. Der Held ein Rächer. Das galt auch für Robin Hood, dem Rächer der Geächteten, der den Reichen nahm und den Armen gab.

Rache befriedigt
Heldisches ist nicht jedem gegeben; aber so ein kleiner Rächer wohnt in jedem von uns. Rachegedanken sind uns allen nicht fremd. Wer hat nicht ab und an das Bedürfnis nach so einer klitzekleinen Racheaktion, dem blöden Kollegen seine ewigen Sticheleien, seine Liebedienerei beim Chef heimzuzahlen.

Das kann ganz offen geschehen oder eben in der sicheren Deckung der sprichwörtlichen ‚Rache des kleinen Mannes’. Die ist vergleichsweise harmlos, aber sie erfüllt ihren Zweck. Ist es etwa keine Genugtuung mit anzusehen, wie das Opfer unserer Rache verzweifelt nach wichtigen Unterlagen sucht und wir doch genau gesehen haben, dass sie versehentlich zwischen die dicken Kuverts im Postausgang geraten sind.

Gerechte Rache
Aber wir sagen nichts. Geschieht ihm ganz recht dem Unsympath.

Fragen zum Text
Die Redensart Auge um Auge, Zahn um Zahn bedeutet,…
1. Gleiches mit Gleichem vergelten.
2. dass eine Massenschlägerei stattfindet.
3. dass man zum Arzt gehen sollte.

Rache ist…
1. sauer.
2. salzig.
3. bitter.

Eine vergleichsweise harmlose, aber ihren Zweck erfüllende Form der Rache, ist die…
1. Rache der Zwerge.
2. Rache der starken Frauen.
3. Rache des kleinen Mannes.

Arbeitsauftrag
Rache ist süß - an wem würden Sie sich gerne mal rächen? Schmieden Sie einen Racheplan und schreiben Sie ihn auf. Aber bitte halten Sie es wie mit der Rache des kleinen Mannes: harmlos, aber effektiv.
>>Michael Utz <<
agloco.com
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